* 1. März 1971
von Tim Steinke
Essay
Schon in seinen frühen Werken ist die Auseinandersetzung mit musikalischen Traditionen bei gleichzeitiger Ausprägung einer individuellen Kompositionsweise spürbar. So knüpft Adès in den Five Eliot Landscapes für Sopran und Klavier op. 1 (1990) zwar an spätromantische Traditionen an, bietet aber, unter Wahrung des melodischen Primats der Singstimme, in jedem der fünf Lieder originelle Lösungen für das Zusammenwirken zwischen Vokalpart und Instrumentalbegleitung. Die drei Orgelstücke Under Hamelin Hill op. 6 (für einen bis drei Spieler, 1992) zeigen ebenfalls Allusionen an ältere Musik. Humoristische Wirkungen erzielt Adès insbesondere im II. Satz, einer Fuga für sechs Hände.
Als erste vollends charakteristische Werke seines musikalischen Stils gelten Living Toys für Kammerensemble (1993) und die Sonata da caccia für Barockoboe, Horn und Cembalo (1993). Spielt die Sonata virtuos mit musikalischen Modellen des frühen 18. Jahrhunderts, so ist Living Toys durch wilde Rhythmen und »schräge« Harmonik geprägt, wobei Adès vermeidet, in eine leere Motorik neoklassizistischer Provenienz zu verfallen.
Eine erste Summe seiner musikalischen Sprache zog Adès in seiner Kammeroper Powder Her Face (Philip Hensher, 1995). Erzählt wird die Geschichte von Margaret Whigham, die durch Heirat zur Herzogin von Argyll wurde und deren wildes Leben in einem spektakulären Scheidungsprozess gipfelte. Obwohl die ...